Kalidor sitzt am Ufer, poliert seine Äxte und schaut aufs Wasser.

Der Schnee ist ein Gegner, gegen den niemand bestehen kann. Er ist überall, greift aus allen Richtungen an, es gibt keinen Schutz und man kann ihn nicht verletzen.
Ich erinnere mich gut an den hohen Norden. Wir gerieten in einen Schneesturm. Fünf von ursprünglich zwanzig Mann kamen wieder zurück. Ich verbrachte lange Wochen in der Krankenstube und verdanke es nur einem fachkundigen Heiler, dass meine Fußzehen noch dort sind, wo sie hingehören. All diese Erinnerungen kamen in den vergangenen Tagen wieder auf und raubten mir den Schlaf.

Yusufs Mut und seinen Tatendrang schätze ich, auch wenn seine Motivation sich mir manches Mal nicht erschließt. Ich weiß aber auch, dass es seine erste echte Begegnung mit dem Winter war. Väterchen Frost hat nicht ernst gemacht in den Bergen. Ich werde es nicht riskieren, egal was man mir zahlte, noch mehr gute Seelen in der weisen Hölle zurück lassen zu müssen. Nicht noch einmal.

Ich schließe mich Broca, dem Hobbit an – ausruhen, Kraft schöpfen für den Rückweg im Frühjahr. Dort mögen Orks lauern – oder schlimmeres. Aber wenigstens vermag mein Schwert diese Gegner zu beeindrucken.

…Bereits in der ersten oder zweiten Nacht- diese verdammte Kälte bringt meine Erinnerungen durcheinander- hatten uns die Orks gefunden. Ein kleiner Trupp griff uns unvermittelt an. Den Valar sei Dank hatte unsere Wache etwas bemerkt, so das wir schnell wach und kampfbereit waren. Keine Sekunde zu früh. Der Kampf war kurz aber hart. Dann lagen unsere Feinde tot zu unseren Füßen.
Wir brachen früh am nächsten Morgen auf. Als die Sonne den Himmel empor kroch, waren wir schon auf den Beinen und unterwegs Richtung Süden. Gegen Mittag trafen wir auf ein Schlachtfeld. Orks waren aus dem Nebelgebirge heruntergekommen, so deuteten wir die neuen Spuren. Sie hatten Dunstan und seine beiden Männer angegriffen. Der erfahrene Clansmann konnte entkommen, seine Begleiter blieben erschlagen zurück, gemeinsam mit einem Dutzend Orks.
Wir beeilten uns der bekannten Fährte zu folgen. Dunstan wich nicht vom Wege ab. Die Orks folgten ihm. Kurz darauf sahen wir sein Pferd am Wegesrand liegen. Er hatte es wieder geschafft sich seiner Haut zu erwähren. Doch die Orks folgten ihm nun nicht mehr. Sie zogen nach Osten und dann mit erhöhter Geschwindigkeit wieder nach Süden. Sie schienen ihn umgehen zu wollen, vielleicht um ihn in einen Hinterhalt laufen zu lassen. Doch wo wollten sie ihn erwarten?
„Auf Andras Landgut“, warf Beren ein. Der Skalde lebte dort mit seiner Familie und ein paar ehemaligen Soldaten. „Er steht auf der Seite meines Vaters“, erklärte der Königssohn weiter. „Er wird uns weiterhelfen. Wir müssen ihn vor den Orks warnen.“ Wir begannen zu laufen. Wir mussten Dunstan erreichen und den Landmann warnen, sonst waren wir alle verloren.
So sehr ich mich auch bemühte, es viel mir schwer mit den Großen mitzuhalten. Meine Beine schmerzten, meine Lunge brannte. Lange konnte ich das Tempo nicht mehr durchhalten. Da tauchte am Horizont ein Mann auf. Wir hatten den Clansmann erreicht. Mein Körper zitterte. Ich konnte gar nicht so schnell atmen, wie ich Luft gebraucht hätte. Mir wurde schwarz vor Augen. Bevor ich auf den Boden fallen konnte, stützte mich Ogtaba. „Ganz ruhig“, hörte ich die Worte des Schamanen. „Es geht gleich wieder. Schau mich an.“ Ich spürte wie Ruhe mich erfüllte. Nun konnte ich auch atmen.
Währenddessen hatten die anderen mit Dunstan gesprochen. Das Tempo war nicht durchzuhalten. Gemeinsam konnten wir den Hof nicht vor den Orks erreichen. Kalidor wollte vorrauseilen um Andra zu warnen. Er nahm Tarthalion mit und verschwand am Horizont.
Inzwischen war eine merkwürdige Dunkelheit hinter uns aufgezogen. Sie schien uns zu folgen, ganz langsam. Wir begannen zu laufen. Yusuf hatte mir einen Schluck aus seiner Flasche angeboten. Was auch immer darin war, es hatte mir Kraft gegeben. Ich fiel in einen leichten Trab. Meine Gedanken schweiften ab. Bis plötzlich unter uns das Landgut auftauchte. Der Hof hatte sicherlich schon bessere Tage gesehen. Nahezu alle Gebäude schienen beschädigt zu sein. Die umschließende Pallisade wies Lücken auf. Die Vorbereitungen zur Verteidigung hatten bereits begonnen. Die Bewohner bezogen mit ihrem Hab und Gut den Wehrturm in der Mitte der Umfriedung.
Von den Orks war keine Spur zu sehen, und auch die Dunkelheit hatte uns noch nicht eingeholt, als wir den Weg hinab zum Hof gingen…