Langsam ging die Sonne mit kraftlosen bleichen Strahlen über den Fluten des Anduin unter. Auf den Steinen am Ufer saß eine einzelne Gestalt, ein Seefahrer aus dem Süden, in mehrere Lagen Decken gewickelt und warf lange Schatten über den Kies.
Yusuf ist offensichtlich in Gedanken versunken und traurige Augen wechseln mit einer leichten Anspielung eines Lächelns ab.
,Was für eine armselige Sonne sie hier im Norden haben, oder liegt das an den Tausend Jahren über die Sibroc und Ogtaba immer sprechen? Kein wunder das einige Menschen beschlossen haben sich in Bären zu verwandeln. Ein Pelz passt viel besser zu diesem Wetter als Seidenhemden. Zum Glück sind wir der grausigen Kälte des Passes entkommen. Dank sei Sibroc mit seinen Wärmezaubern. Überhaupt ist es schön mit so einer guten Mannschaft zu fahren. Na ja, wenn ich die Blasen und Schwielen an meinen Füßen so sehe, sind wir mehr gelaufen als gefahren. Dieser Schnee muss doch besser zu bewältigen sein, als durch zu stapfen. Hat Kalidor nicht von diesen Dingern gesprochen, die von Hunden gezogen werden?. Ein Boot wäre gut; aber ein Boot braucht einen Kiel um die Richtung zu halten. Mit 3 Kielen würde es auch nicht umfallen und könnte über Wasser und Schnee fahren. Ein Schneesegler !!!!
Ich glaube ich gehe jetzt lieber zurück ins Dorf, vielleicht haben die anderen ein paar neue Ideen, wie wir schnell nach Leet zurückkehren können und wie wir das Wissen um das heilende Grab am besten Nutzen, um diesen Schwarzmagier endgültig zu erledigen. Hoffentlich müssen wir da nicht schon wieder mit Geistern hantieren. Ich bekomme schon Gänsehaut wenn Ogtaba mit seinen Wölfen rum hantiert. Dann lieber die Beute unseres guten Jägers verarbeiten und den immer hungrigen Hobbit füttern.‘
„Was für ein Glück, dass wir bei diesem Wetter nicht auf dem Pass festsitzen, sondern ganz gemütlich in diesem Dorf überwintern können. Abenteuer und Ehre und all das sind zwar schön und gut, aber die Gemütlichkeit einer guten Mahlzeit sollte man nicht zu gering schätzen! Zum Glück stellt sich Yusuf bei der Kocherei gar nicht so schlecht an. Nach diesem Winter wird er wissen, wie man einen Hobbit adäquat bekocht und meine Hosen werden endlich wieder aufhören zu schlackern.“ Der Hobbit schnuppert kurz und jubiliert innerlich. „Ah…Zeit für das Mittagessen! Es gibt doch nichts Besseres als Bratenduft, der durch die Luft weht.“ Er hält mit einer Hand den Bund seiner rutschenden Hose fest, als er in Richtung Küche trabt und dabei etwas zu laut rufend seine Gefährten zusammentrommelt.
…Beren litt seit seiner Geburt unter einem Fluch, dem Bärenfluch seines Clans. Sein Vater Angus nannte es so. Dunstan sah darin eher eine Gabe. Wenn der junge Königssohn die Kontrolle verlor, dann verwandelte er sich in einen Bären. Er unterschied in der Gestalt des Tieres nicht mehr zwischen Freund und Feind. Dunstan hatte herausgefunden, das es sich bei dem Fluch um ein uraltes Erbe ihres Clans handelte. Immer wieder hatten große Männer, diese Gabe besessen und zum Wohle des Clans eingesetzt. Nun war die Zeit an Beren, diese Gabe, die sich auf das alte geheimnisvolle Volk der Beorninger zurückführen ließ, beherrschen zu lernen zum Wohl seines Clans und des Landes, das er schon bald würde regieren müssen. Dunstan hatte weiter in Erfahrung gebracht, das die Beorninger auf der anderen Seite des Nebelgebirges leben sollten, am großen Fluss Anduin. Nun waren wir auf dem Weg dorthin, nachdem uns Ogtaba versichert hatte, das er Beren helfen konnte, den „Fluch“ vorläufig zu kontrollieren. Es steckten viele wunderbare ungeahnte Fähigkeiten in unserem Schamanen, der mich viel weniger erschreckte, seit dem er erkannte hatte, das er kein Ork war, sondern zum uralten Volk der Wasa gehörte, von denen nur Sagen und Legenden berichteten. Ogtaba hatte uns auch erklärt, wie wir hierher in die Vergangenheit des Nordwesten Mittelerdes gekommen waren. Niemand wollte ihm so recht glauben, außer vielleicht Sibroc, der die Geschichte wenigstens für Möglich hielt. Mir sagte mein Instinkt, das der Schamane die Wahrheit sagte: Wir sind über die Stufen des Tiefen Schlafes hinabgestiegen in die unendlichen Weiten der Traumlande, geführt von dem Traumreisenden Araw Alanakyn. Nach unzähligen Stunden, in denen wir ein Meer überquert und einen Wald durchwandert hatten, liefen wir durch einen Berg und kamen in einem kleinen befestigten Ort an, in Leet wie sich später herausstellte. Ogtaba wußte auch zu erzählen, warum man uns hierher gebracht hatte. Hier sollte Celgor Schwarzfaust zum ersten Mal in der Geschichte des Westens auftauchen. Wir bekamen somit die Möglichkeit herauszufinden, wie wir ihn endgültig würden vernichten können, nach dem er sich uns in Bar-en-Tinnen durch seine Flucht in die Geisterwelt entzogen hatte.
Doch im Augenblick hatten wir ein dringenderes Problem. Wir mussten den Belagerungsring der Orks durchbrechen, um nach Süden Richtung Bruchtal zu fliehen und weiter über den Hohen Pass das Nebelgebirge überqueren. Doch das schien unmöglich. Die Taktiker und erfahrenen Kämpfer unserer Gruppe begannen einen Plan auszuarbeiten. Da ich von solchen Dingen nicht viel verstand, machte ich mich auf den Weg zu den Palisaden, um einen Blick auf unseren Feind zu werfen. Ich hatte schon oft gegen Orks gekämpft, gemeinsam mit den anderen. Nicht nur gegen eine Handvoll, sondern auch gegen größere Trupps. Doch noch immer machten sie mir Angst. Ihr Geruch stieß mich ab, ihre Hässlichkeit erschreckte mich und ihr ungeheurer Kampfgeist ließ immer wieder panische Angst in mir aufsteigen. Die Orks waren immer wieder in meinen Alpträumen aufgetaucht. Aber wenn ich ihnen einmal gegenüber stand, gewann plötzlich mein Überlebensinstinkt und die Angst um meine Freunde die Oberhand. Dann wurden meine Hände ruhig und mein Verstand klar und meine Schleuder zu einer tödlichen Waffe. Aber was ich jetzt sah, überstieg meine Vorstellungskraft. Wohin ich auch blickte, überall lagerten Orks. Hoffentlich fanden die meine Gefährten einen Weg aus dieser tödlichen Falle.
Als ich in die Schenke zurück kam, war ein Plan gefasst worden und sollte im Morgengrauen umgesetzt werden. Kalidor, unser erfahrener Söldner- niemand wußte in wie vielen Schlachten er schon gekämpft hatte, denn darüber schwieg er sich aus- erklärte mir unser Vorhaben: Bei Tagesanbruch würden drei Reiter, geführt von Dunstan, in den Clansfarben des Bären, durch das Südosttor die Belagerungsreihen durchbrechen. Ogtaba würde sie durch Nebelzauber unterstützen, ihre Flucht verschleiern. Die Hoffnung bestand darin, das die Orks ihnen folgen würden, in dem Glauben den Königssohn in ihre Hände bekommen zu können. Wir würden unterdessen aus dem Nordwesttor fliehen, uns Richtung Westen wenden, um dann an einer Waldschneise entlang auch nach Süden zu gelangen. Der Plan klang gut in meinen Ohren. Dennoch blieb mein Schlaf in dieser Nacht unruhig.
Yusuf weckte mich kurz vor Morgengrauen. Mein Rucksack war bereits gepackt. So bleib mir mehr Zeit für ein Frühstück. Ogtaba war mit Dunstan und zwei weiteren Männern bereits zum Südosttor gegangen. Wir anderen gingen nun mit Beren zum Nordwesttor. Dann kam Bewegung in die Orks. Das Heer teilte sich. Eine Hälfte ging nach Süden um Dunstan und seinen Männern zu folgen. Die andere Hälfte zog in Eile nach Norden, um eine Ausfall am anderen Tor zu verhindern. „Verdammt die Tiere sind klüger als wir dachten!“ hörte ich Menelcar neben mir fluchen. Dann improvisierten wir, wie Kalidor es nannte. Doch ich war mir sicher, das er dieses Problem eingeplant hatte. Yusuf brachte mit Tarthalion eine Leiter auf die Pallisade. Nun gingen wir eben direkt über den Schutzwall. Inzwischen war auch Ogtaba wieder da. Er ließ, singend und gestikulierend einen Nebel aufziehen, der uns Deckung gab. Wir schafften es tatsächlich ungesehen das belagerte Leet zu verlassen. Nun waren wir auf der Flucht. Hoffentlich schnappten sie Dunstan und seine Männer nicht so schnell. Hoffentlich fanden sie nicht so bald unsere Spuren. Doch noch ahnten wir nicht, welche Dunkelheit uns bald schon jagen sollte…